Willkommen zu einer bewegten Zeitreise
1887 – 1890: Von der „Knabenvolksschule neuen Typs“ zur „Lessingschule“
Das kontinuierliche Bevölkerungswachstum im Freiburg des 19. Jahrhunderts lässt die 1883 im Norden der Stadt eröffnete Karlsschule schnell an ihre Grenzen kommen. Der Ruf nach einer weiteren Volksschule wird laut. Zum Schulstandort wählt man das stadteigene Gelände des ehemaligen Gaswerks mit 306 qm im Süden der Stadt am Eingang zum aufstrebenden Stadtteil Wiehre an der Schillerstraße.
Geplant wird der Schulbau im Klassizistischen Stil vom Architekten und Stadtbaumeister Carl Müller mit 24 Schulsälen. Hierbei wird die Option getrennter Eingänge mit Zugang zu jeweils 12 Klassen für Jungen und Mädchen schon mitgedacht. Allerdings müssen Mädchen dann doch noch 81 Jahre warten, bis sie an unserer Schule unterrichtet werden.
Nach zweijähriger Bauzeit kann die „Knabenvolksschule neuen Typs“ am 3. Mai 1887 bezogen werden. Das Schulgebäude stellt eine repräsentative Verbindung zwischen Altstadt und der Wiehre dar – eine Wirkung, auf die die Städteplaner größten Wert legen, während praktische Erwägungen weniger Berücksichtigung finden. Dennoch lobt Oberbürgermeister Karl Schuster bei der Einweihung die moderne technische Einrichtung der Schule mit Warmwasser, Luftheizungen in den Gängen und einer Gasbeleuchtung.
Mit Umbenennung der Schillerstraße in Lessingstraße wird im Jahr 1890 aus der bislang so genannten „Knabenschule“ die „Lessingschule“ aus der Taufe gehoben. Der Namensgeber unserer Schule Gotthold Ephraim Lessing war ein deutscher Dichter und Dramaturg, des 18. Jahrhunderts, der uns mit seinen Schriften, vor allem seinem letzten Werk „Nathan der Weise“ lehrt, dass wir alle tolerant sein sollen und dass alle drei Weltreligionen an ein und denselben Gott glauben.
1904 – 1906: Erweiterung und Verschönerung des Schulhauses
10 Jahre nach Bau der Johanniskirche und drei Jahre nach Inbetriebnahme der Tram vom Rennweg über das Siegesdenkmal nach Günterstal muss der Schulbau schon erweitert werden. Der wirtschaftliche Aufstieg und die weiterhin rasante Zunahme der Stadtbevölkerung erfordert den Anbau neun weiterer Klassenräume.
1914 bis 1918: Der 1. Weltkrieg – die Lessingschule als Reservelazarett
Nachdem zu Beginn des 1. Weltkrieges eine Nachrichten- und Werkstattkompanie zwölf Klassenräume der Lessingschule in Anspruch nimmt, werden wenig später auch die letzten Jungen aus der Knabenbürgerschule in die benachbarte Gewerbeschule verlagert, während die Schüler der Gewerbeschule im Krieg sind.
1920er Jahre: Zweckentfremdung als Arrestlokal und Fortbildungsschule
In den Krisenjahren der frühen 20er Jahre der Weimarer Republik werden die Gefängnisplätze knapp – der Stadtrat genehmigt 1922 die Einrichtung eines so genannten Karzers, eines Arrestlokales in den Räumlichkeiten der Lessingschule.
1936 bis 1938: Freiburg im Nationalsozialismus – Einrichtung einer „Judenschule“ und Nutzung der Schulturnhalle zur „Volksertüchtigung“
Im Jahr 2004 machen Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte unserer Geschichtswerkstatt die Freiburger auf eine Episode der Geschichte der Lessingschule aufmerksam, die bis dahin in Vergessenheit geraten war.
1939 – 1945: 2. Weltkrieg – Luftschutzraum und Platz fürs Militär
Mit Kriegsbeginn wird die Situation für ganz Freiburg bedrohlich. In der Lessingschule richtet man ab 1940 das Freiburger Versorgungsamt und Sanitätsdepot ein. Der Bade- und Duschraum dient nun als öffentlicher Luftschutzraum.
1945 – 1946: Anstrengungen zur Wiedereröffnung der Schule
Nach Kriegsende 1945 müssen aufgrund der akuten Raumnot in der zerstörten Stadt gleich drei Ämter im Schulgebäude untergebracht werden: das Fürsorge-, Wirtschafts- und Ernährungsamt. Sowohl die Elternschaft als auch die französische Militärregierung dringen auf eine Wiedereröffnung des Schulbetriebes in der Volksschule.
1948 – 1964: Erste Freiburger Hilfsschule und Grenze der räumlichen Kapazitäten
1948 wird im Lessingschulhaus die erste Freiburger Hilfsschule mit drei Klassen eingerichtet. Bis zum Jahr 1964 wächst dieser Schulzweig auf 17 Klassen an und ist damit stärker als der Volksschulzweig, der 16 Klassen belegt. Somit wird das Gebäude nun den ganzen Tag über genutzt.
1960er Jahre: Reformierung des Schulsystems und Umbau zur Realschule
Die Erkenntnis, dass die Bundesrepublik auf eine „Bildungskatastrophe“ zusteuert, wenn man das Schulwesen nicht grundlegend umstrukturiert, forciert eine Reformierung des Schulsystems.
1968 – 1969: Neugestaltung und Öffnung für koedukativen Unterricht
Ende der 1960er Jahre wird die Schule zur neuen Realschule und Sonderschule umgebaut. In diesem Zuge finden auch umfassende Renovierungsarbeiten statt. Der Mittelschulzug muss für 1,5 Schuljahre in die Karlsschule verlegt werden.
1998 und 2003: Modernisierung der Fachräume
Entsprechend der neuen Anforderungen der Lehrpläne werden die Fachräume für Naturwissenschaften im Jahr 1998 und der Technikbereich im Jahr 2003 modernisiert, um unseren Schülerinnen und Schülern einen fachlich adäquaten und anschaulichen Unterricht in einem technisch angemessenen Lernumfeld zu ermöglichen.
2004: Woche des Erinnerns und Einrichtung einer Gedenktafel
Im Oktober 2004 wird im Rahmen einer Woche des Erinnerns und Begegnens an der Nordseite der Schule eine Tafel zur Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus angebracht.
2007 – 2008: Schule nach modernstem Standard – die Lessingschule erstrahlt in neuem Glanz
Im Rahmen eines Konjunkturprogrammes des Bundes wird die Lessingschule umfassend saniert. Wieder einmal müssen alle vorübergehend umziehen. Die Realschule belegt den Gebäudeteil der Förderschule, deren Schülerinnen und Schüler während der Renovierung ausgesiedelt werden. Seither kann man, wie Oberbürgermeister Karl Schuster im Jahre 1886, wieder von einer Schule nach modernstem Standard sprechen.